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Wintersonnenwende 2005

Wintersonnenwende! – die alte Tradition, die uns seit vielen Jahren im alten Jahr noch einmal in die Berge ziehen lässt, die uns an alte Zeiten erinnert und uns auf verschlungenen und meist steilen Pfaden irgendeiner Stiege den Winterberg erklimmen lässt.

Nun war wieder ein Jahr herum und nach der Wintersonnenwendfeier auf der Saupsdorfer Hütte im letzten Jahr, entschlossen wir uns dieses Jahr auf unserer Hütte zu feiern – schon wegen´s der vielen „Nachkömmlinge“, die die Zahl der „Frührausfahrer“ an diesem Tage um einiges übersteigen sollte.

Durch einen geschickten Schachzug und ohne Einwände meiner Bergkameraden, hatte ich die offizielle FDKR-Sonnenwendfeier diesmal auf den 10.11. lokalisiert, mit der Gewissheit, dass ja eine Woche später –so wie in jedem Jahr- die Weihnachtsfeier von Konrad im Kindergarten stattfindet und ich somit auch nur „Nachkommer“ sein würde. Aber dieses Jahr sollte es eben anders sein und ich konnte von mir sagen: „ Ich bin ein Frührausfahrer“.

Kurz vor neun stieg ich auf der Förstereistrasse in meinen roten Flitzer und steuere auf die Südvorstadt zu. Dichter Nebel lag über der Stadt und als ich über den Albertplatz düse, ertönte es aus dem Radio: Deutschlandfunk, 9Uhr -  die Nachrichten! Hui, ich war spät dran, hätte wohl doch auf das letzte Brötchen verzichten sollen. Ich drückte auf die Tube und sauste mit 60 über den Pirnaischen Platz, um meinen Bergfreund und beständigen „Sonnenwendrausfahrer“ Stephan nicht allzu lange warten zu lassen.

Der letzte Anstieg zur Münchner Straße und nach den Nachrichten der Wetterbericht…es ist 9.07Uhr und man kündigt uns für den heutigen Tag Nebel und milde Temperaturen an.

Da die Parkplatzsituation vor dem Mietshaus Münchner Str. 56 wie immer prekär und seit Jahren ungelöst ist, stelle ich mich kurzerhand auf den Fußweg direkt vor den Eingang.

Mein Klingeln wird erhört und Christian kündigt mir das baldige Erscheinen seines Vaters an. VATER???...jaja, so haben sich die Zeiten geändert. In jungen Jahren hab ich nach den Söhnen und Töchtern geklingelt – nun nach den Vätern und Müttern.

Die Zeit verging und – wenn Bergfreund Frank S. dabei gewesen wäre – hätte man in dieser Warteschleife  leicht noch eine halbe SANTA CLARA paffen können. Doch dann öffnete sich die schwere Tür und noch bevor ich Stephan erblicken konnte, schob sich der GLÜHWEINTOPF durch den engen Türspalt, der dann bei Stephan´s Austritt erheblich erweitert wurde.

Wir stopfen alles in den Kofferraum und auf meine Frage nach der Fahrstrecke konnte Stephan mit einer klaren Antwort glänzen: AUTOBAHN! Zugegeben, so eine lukrative Möglichkeit schnell in die Sächsische Schweiz zu kommen habe ich als „Neustädter“ nicht. Dafür kann ich aus der „Kleinen Südvorstadt“ direkt ins Zimmer einer hübschen Studentin im Nachbarhaus gucken – auch nicht schlecht oder?! – allerdings bringt mich das nicht viel WEITER!

WEITER ging´s aber auf der Autobahn im Nebel und mit Tempo 120 Richtung Pirna. Bei schlechter Sicht düsten wir über die Lockwitztalbrücke und Stephan erzählte mir voller Spannung von der 50.Geburtstagsfeier seiner Chefin, vom Kurzauftritt Olaf Böhme´s, den zahlreichen Geschenken und der Freude über das kleine GEORGE CLOONEY Bild auf dem Firmengutschein für eine Wellnesswoche in Oberunterösterreich. GEORGE CLOONEY – damit lässt sich wohl zur Zeit jede Frau beglücken!

In Pirna biegen wir wieder auf die „Normalroute“ ab und fahren gemütlich und staufrei nach Schmilka. Meine Anfrage nach der kostenfreien Parkmöglichkeit vor dem Ort wird durch Stephan und die Neubepflanzung ehemals vorhandener Randstreifen im Keim erstickt.

Der Parkschein ist gelöst und im Pulk etlicher Wanderfreunde steigen wir die Wurzel hinauf.

An der Zwieselhütte teilt sich das wandernde Volk. Wir zwei laufen weiter Richtung Rauschengrund.  In diesen biegen wir ab und laufen den Grund entlang, bis ein kleiner Pfad uns nach links zum Rauschentor führt.

Wir stehen am Rauschentorwächter, schauen uns den Gipfel an- entdecken machbare Aufstiege und Stephan erzähl von heroischen Taten bei der Besteigung des Gipfels, damals noch ohne Ring!

Wir entschließen uns, einen Aufstieg zum Klimmerstein zu wagen. Der Marsch bis zum eigentlichen Gipfel-problemlos! Wir legen die Rucksäcke ab und ich steige eine etwas feuchte Rinne hinauf zum Kamineinstieg es AW. In der Hälfte der Rinne ein seltsames Geräusch – und plötzlich „zieht“ es am Popsl! Ein Riesenschlatz in meiner Hose! Schreckliche Gedanken schießen durch meinen Kopf „Wer soll meine geliebte Wanderhose flicken??? Die Alternativen sind nicht allzuprächtig. Aber ich kenne da noch ein kleines Nähstübchen in der Südvorstadt- da werd ich sie wohl hinbringen – die geliebte Wanderhose!

Der Kamin lässt sich gut meistern, jedoch je höher wir steigen, umso eisiger ist der Fels! Vor dem Ausstieg auf die Abschlusswand kapitulieren wir! Zu gefährlich, die leicht vereiste Wand zum Gipfel zu steigen.

Wir steigen hinab, schnappen uns unsere Rucksäcke und laufen zum Rauschentor zurück. Wieder im Rauschengrund angekommen, schweift unser Blick nach links zur Rauschengrundboofe und wir suchen nach einem geeigneten Aufstieg dorthin. Hm, der dichte Bewuchs lässt uns den Rauschengrund weiter hoch laufen. Kurz vor dem Aufstieg zur Starken Stiege kämpfen wir uns über umgefallene Bäume zu einem kleinen Querpfad durch und laufen diesen nach links leicht ansteigend wieder Richtung Rauschentor zurück.

An einer Steilstufe ein kurzes HIERLANG (Stephan) / DALANG (Carsten)…wir entschieden uns für das DALANG und steigen noch etwas an, um dann auch schon die Boofe zu sehen - BINGO!

Die Rauschengrundboofe – sie hat immer noch ihren Flair. Teilweise noch „zugebaut“, mit Feuerstelle und Schlafplatz und ihrem herrlichen Blick auf den Winterberg -  Carsten was willst du mehr!

Wir legen unsere Rucksäcke ab, setzen uns, genießen diesen Ort – gefüllt von Erinnerungen. Ich erzähle vom Ostereiersuchen mit Konrad, Ralf und Belli – Stephan erzählt von Falk seinem Alkohol-Blackout, von Hingfong-Tropfen und Würfelhusten.

Der Blick zum Winterberg bleibt uns verwehrt, der Wettermann im Deutschlandfunk hatte also Recht behalten- dichter Nebel im Gebirg!

Ich hole eine Flasche Heimaterde und eine Schachtel Dominosteine von Dr. Quendt aus dem Rucksack. Stephan dagegen packt (wie nicht anders zu erwarten) seine Spezialbrötchen aus – unterschiedlicher hätte die Vorstellung eines gemeinsamen Boofenfrühstückes nicht sein können.

Ich biete Stephan einen Dominostein an, kurze Zeit später hatte er die ihm zustehende Reihe von 8Dominosteinen bereits vollständig verdrückt, HUT AB!

Wir knipsen ein bisschen in der Gegend herum, bewundern und bestaunen die Kletterwege, die direkt neben der Boofe auf die Rauschengrundkegel führen. Dort werden wir wohl nie hochklettern –sagen wir uns, greifen die wohlgeformte Flasche aus dem Erzgebirge und nehmen noch einen kräftigen Schluck „Altenberger“.

Wir steigen wieder hinab und den Weg im Rauschengrund zum direkten Einstieg der Starken Stiege.

Genüsslich geht es empor, wir schauen zurück auf den Rauschengrund, die Rauschengrundboofe, den Rauschenstein und die Gipfel um den Rauschentorwächter.  Oben angelangt, laufen wir noch ein Stück nach rechts Richtung „Kelchsteine“ und sehen auf die Gipfel „Bergkristall“ und „Stülpner“.

Ein kurzer Blick in den Kletterführer lässt uns dann wieder zurück zum Ausstieg der Stiege  und weiter zum Schrammsteinweg laufen. Hier angelangt sagt uns der Wegweiser: 1 ¼ Stunde Großer Winterberg! Wir stülpen uns unsere „Kleine Muck“- Stiefel über und stapfen los!

Am Großen Dom vorbei geht es im schnellen Schritt über den Reitsteig, an Lehnstiege und Wurzel vorbei zum Gipfel. Es ist 14Uhr, die Zeitangabe haben wir um klassische 30Minuten unterschritten- da haben wir uns jetzt was verdient!

Tür auf-wir drin! In der prall gefüllten Gaststube angelangt finden wir ein gemütliches Plätzchen gleich rechts in der Ecke. Durch die Nähe zur Theke erhoffen wir uns schnelle Bedienung, die dann auch gleich zu uns kommt.

Wir bestellen zweimal Standard: Krautnudeln, Soljanka und zwei Bier – das Leben ist schön…denke wir uns eben mal so und stoßen an!

Ich mach mein Handy an und funke liebe Grüße in die Neustadt. Ich erzähl Claudi von Krautnudeln, Soljanka und Bier – sie erzählt mir, dass sie vorsichtshalber das Schlafzimmerfenster JETZT schon mal aufmachen wird.

Kurz vorm Ausschalten entdecke ich das ominöse „Sie haben Post“ –Zeichen.  Ich höre die Mailbox ab und wir recherchieren die dort hinterlegte Nummer. LUTZ!

Ein schnelles Eintippen der Zahlenkombination und es meldet sich vom Fuße der Heringsgrundnadel LUTZ! Ihn zu überzeugen, jetzt noch auf den Winterberg zu kommen, lehnt der etwas verschnupfte Graue Hirsch ab.

Der Schupfen von Lutz lässt uns noch ein Bier bestellen und wir trinken auf Gesundheit, alte Freunde und nicht mehr unter uns weilende Kameraden und stellen fest, dass die Kellnerinnen vom Winterberg in Ihren eng anliegenden schwarz- gestreiften Hosen nicht ganz optimal gekleidet sind. Ein Schmunzeln in unserem Gesicht und der Gleichklang im Gedanken: einer geht noch! Der Königsteiner Berggeist ist in unseren geforderten Mengen nicht mehr verfügbar, so schwenken wir auf Empfehlung der Kellnerin auf den Dürröhrsdorfer Fusel um und schließen unsere Mägen mit einem leckeren Kräuterschnaps. Ruck Zuck Schluck!

Die Gaststube lehrte sich und auch wir machen uns gegen 15Uhr auf die Socken. Die glatte Fahrstraße geht es abwärts bis zum Abzweig „Bergsteig“. Diesen steigen wir dann recht vorsichtig auf teilweise vereisten Stufen ins Tal. Schon fast im dunkeln kommen wir auf dem Parkplatz an und fahren nach Krippen.

Das Gepäck geschultert, geht es bergauf zum Hütli. Die letzten Stufe fast geschafft, tönt ein verschnupftes „HU“ hinter der Tanne hervor! LUTZ- er ist schon da und das auch schon ´ne ganze Weile.

Wir legen unsere Sachen ab und heizen erstmal ein – es ist kalt geworden!

Lutz wird zum Kaffeekocher gekürt und kurze Zeit später genießen wir in warmer Stube das göttliche Getränk und Lutz seinen von der „Landbäckerei Schmidt“ mitgebrachten Stollen. Hierbei ist zu erwähnen, dass Lutz bei der Bestellung des Stollens auch an die „nichtrosinenessenden“ Bergfreunde gedacht hatte!

Zur Runde gesellen sich kurze Zeit später Katrin, Frank R. und Steffen.

Es wurde richtig dunkel und Zeit für große Taten – FEUER AN! Das lies sich Stephan nicht zweimal sagen und begann ohne Zusatz von Konservierungsstoffen- sprich Feueranzünder, unser Sonnenwendfeuer zu entfachen.

Wir versammelten uns um das lodernde Feuer und schon kurze Zeit später ragte die erste Bratwurst über der Feuerglut. Schnell gesellten sich Steaks und dänische Schinkenstreifen mit dazu. Als Beilage wurden Knoblauch und Zwiebel angeboten- eine teuflische Mischung für jedes Schlafzimmer. Nachdem der erste Hunger gestillt war, erklangen weihnachtliche Weisen, melancholische Seemannslieder und stramme Berglieder aus unseren Kehlen. Es wurde ein wunderschöner Abend bei Glühwein und Gitarrenmusik und einem teuflisch gutem Feuer und es wurde sehr spät.

Gegen Mitternacht verabschiedeten sich Lutz und Katrin und auch wir Hüttenschläfer schlappten so langsam in unsere ausgebreiteten Schlafsäcke und schon bald machte sich auf allen (Schlaf)-Ebenen ein mächtiges Schnarchen breit.

Den Morgen überraschten wir mit frischem Kaffee und fast verbrannten Brötchen. Nach dem gemeinsamen Frühstück, dem Budenschwung und der kleinen Nachinstallation am Wasseranschluss im Gewölbe trollten wir uns mit schönen Eindrücken und Erinnerungen an die Wintersonnenwende 2005 nach Haus.